Die Torah - Die fünf Bücher Mose

Buch: Kapitel: Vers:
Hebräischer Text (nach der Masorah)
וַיִּ֥בֶן נֹ֛חַ מִזְבֵּ֖חַ לַֽיהֹוָ֑ה וַיִּקַּ֞ח מִכֹּ֣ל ׀ הַבְּהֵמָ֣ה הַטְּהֹרָ֗ה וּמִכֹּל֙ הָע֣וֹף הַטָּה֔וֹר וַיַּ֥עַל עֹלֹ֖ת בַּמִּזְבֵּֽחַ׃
Deutsche Übersetzung (Samson Raphael Hirsch)
Da baute Noach Gott einen Altar und nahm von allem reinen Viehe und von allem reinen Vogel und brachte Emporopfer auf den Altar.
Masoretische Anmerkungen
הַטְּהֹרָ֗ה im Codex Leningradensis הַטְּהוֹרָ֗ה
הַטָּה֔וֹר im Codex Leningradensis הַטָּהֹ֔ר
Onkelos
וּבְנָא נֹחַ מַדְבְּחָא קֳדָם יְיָ וּנְסִיב מִכֹּל בְּעִירָא דַּכְיָא וּמִכֹּל עוֹפָא דְכֵי וְאַסֵּיק עֲלָוָן בְּמִדְבְּחָא
Raschi
מכל הבהמה הטהורה. אָמַר לֹא צִוָּה לִי הַקָּבָּ"ה לְהַכְנִיס מֵאֵלּוּ ז' ז' אֶלָּא כְּדֵי לְהַקְרִיב קָרְבָּן מֵהֶם:
Raschi (Deutsche Übersetzung)
Von allen reinen zahmen Tieren, er sagte, der Heilige, gelobt sei Er, hat mir nur darum befohlen, von diesen je sieben hineinzubringen, um davon ein Opfer darzubringen (Bereschit Rabbah 34:9).
Kommentar von R. Samson Raphael Hirsch
Wenn es etwas gibt, wodurch die hohe Bedeutsamkeit der Opfer zu Tage tritt, und die Wahrheitswidrigkeit aller den Begriff derselben herabwürdigenden Vorstellungen dokumentiert, so ist es diese Stelle, in welcher uns zuerst מזבח und עולות vorgeführt werden. Ein ganzes Jahr hatte Noach alle seine Tätigkeit auf die Erhaltung der Tiere zu richten gehabt, und nun, im ersten Momente der Rettung, opfert er sie! Und diese Opferung erhält hier eine so unendliche, welthistorische Bedeutung, daß in den folgenden Versen 21 und 22, ausdrücklich als Folge dieser Opfer, gleichsam als Antwort darauf — וירח ה׳ וגו׳ ויאמר ד׳ אל לבו וגו׳ — die ganze Entwicklung der Erde und der Menschheit bis auf den heutigen Tag festgestellt wird! Was war nun wohl durch Noachs Altarbauen und m^^-Darbringen ausgesprochen, worauf eine solche Welt erhaltende und ihre Entwicklung begründende Gottesbestimmung folgen konnte? Es tritt an vielen Stellen klar hervor, daß מזבה eine vom Menschen gebaute Erhebung der Erde zur Höhe bedeutet, so daß in Jecheskiel der מזבח geradezu: הראל, Gottesberg genannt wird. Ja, es ist sehr wahrscheinlich, daß der מזבה im מקדש nichts als eine Vergegenwärtigung des Sinai ist, auf dessen Gipfel das אש המערכה dem אש אוכלה בראש ההר entspricht. So heißt es Psalm 68, 18: אדנ׳בם סיני בקדש, "da trat Gott aus den Himmelshöhen in den engen Kreis der Menschen, Gott im Volke und sein Berg im Heiligtume"; so daß die Stelle in עולת תמיד העשויה בהר סיני :פ׳ התמיד mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit daßelbe bedeutet. Charakteristisch ist es dazu, daß das jüdische Gesetzesheiligtum auch dadurch von den Begriffen der Noachiden sich scheidet, daß der Altar, auf dem wir opfern durften, nur ein מזבח, nur aus mehreren Steinen gebaut, nicht aber מצבה, nicht aus einem Stein, wie ihn die Natur darbietet, sein durfte. Wir mußten den Altar bauen, er durfte auch nicht על גבי כיפין ועמודים, nicht auf Bogen und Säulen stehen, mußte מחובר באדמה, mußte מזבח אדמה sein, sich als Fortsetzung der Erde darstellen. Nur so spricht sich der Altar als Erhebung der Erde durch Menschentätigkeit zu Gott aus. Einen Stein nehmen und darauf opfern, hieße auf dem Standpunkt der Natur bleiben; während der gebaute מזבח ausspricht: über diesen Standpunkt der Natur sich erst schöpferisch zu dem göttlich freien Menschenstandpunkt erheben und auf diesem zu Gott aufstreben. Indem also Noach auf der neugeschenkten Erde Gott einen Altar baute, weihte er als Stammvater der Zukunft die neugeschenkte Erde zu einer Stätte, auf welcher die künftige Menschentat Stein zu Stein fügen solle, bis einst die ganze Erde ein heiliger Gottesberg geworden! Wenn andere Völker ihrer Gottheit näher traten und treten, so treten sie hinaus außerhalb des Menschenkreises, glauben Gott in der Natur näher zu finden. Freilich ist Gott auch dort zu finden, aber noch viel näher ist er mit seiner Herrlichkeit im Kreise des reinen Menschenlebens. Dort offenbart sich seine Allmacht, hier seine Liebe. Darum ist der מזבח der geweihtere Altar, in Vergleich zu dem von der Natur als מצבה dargereichten Stein. Dieser Gedanke ist ein dem jüdischen Gesetzesheiligtum so wesentlicher, daß in dem ganzen Umkreise des Altars kein Baum, und an dem ihn umschließenden Gebäude kein an einen Baum erinnernder Balken sichtbar sein durfte. מזבח, Wurzel: זבה, dasjenige Töten, das nicht die Absicht der Vernichtung, sondern, der Nahrung hat; זבח, heißt ganz eigentlich: Mahl, und ist lautverwandt mit סבא ,שבע usw. die alle eine Fülle, eine Sättigung bedeuten. Das Opfer wird ja überhaupt als "Mahl" gefasst, es ist לחם אשה ד׳, Nahrung des göttlichen Feuers auf Erden. Der Opfernde gibt sich hin, um die Flamme des göttlichen Lichtes auf Erden leuchten zu lassen. Es wird ferner Gott beim Opfer immer ה׳, nie ׳אלקי׳ bezeichnet, gewiss zunächst, wie schon die Weisen bemerken, um auch den letzten Schein einer Verwechslung mit den nichtjüdischen Opfern zu vermeiden, die blinden Naturmächten dargebracht wurden. Der Name tritt aber auch zugleich jener blasphemierenden Ansicht schlagend entgegen, die in dem ה׳ Opfer nichts als Tötung und Vernichtung erblickt, darin die "blutige" Befriedigung einer rachevollen Gottheit sieht und in ihrer schmalstirnigen Beschränktheit jubelt, daß wir gottlob keine Opfer mehr bringen und gottlob schon so erleuchtet sind zu wissen, daß Gott mit dem Blute der Opfer nicht gedient sei!! Denen steht mit niederschlagender Abwehr der Name ה׳ beim Opfer entgegen, dem auch hier Noach den Altar baut, und den ja auch die Stirne des jüdischen Hohenpriesters, jeder unlauteren Trübung des reinen Opfergedankens abwehrend, entgegentrug. לה׳, also gerade auf diejenige Gotteswaltung blicken unsere Opfer hin, die nicht die Vernichtung will, sondern das Leben, ja, von der eben das Leben und alle Zukunft kommt, die in jedem Augenblick bereit ist, neues Leben, neue Kraft und eine neue Zukunft zu spenden; man tötet sich, um von Gott Leben zu gewinnen, man gibt sich auf und Gott hin, um von Gott, geheiligt und geweiht, in den Kreis des göttlichen Lebens auf Erden gehoben zu werden. Da ist nichts von blutiger Dahingebung an einen zornglühenden Rachegott. Da ist Heiligung jedes Pulsschlages, jeder Nervenregung und jeder Muskelkraft an Gott und an seines heiligen Willens Vollbringung. Opfern heißt: Eingehen in das göttliche ewige Leben. Nicht das Tier, sich opfert der Opfernde im Tier. Wenn wir es hinführen, uns mit unseren Händen darauf stützen, es töten, sein Blut aufnehmen und sprengen lassen, sein Haupt, seine Füße, Brust und Leib usw. dem Feuer übergeben lassen, so geben wir unser Blut, unser Haupt, unsere Muskelkraft dem Göttlichen hin, gehen wir völlig auf in die alles überwältigende Kraft des göttlichen Willens, den Er für uns in der תורה niedergelegt. Noach brachte עולות. Kains und Hebels Opfer waren מנחות, Huldigungsgaben, Anerkennungsopfer; עולות aber stehen in dem Begriff der Tatenweihe. עלה: hinaufsteigen, sich entwickeln, daher עלה, das Blatt. עולה ist מכפר על עשה, soll die zu träg gebliebene Tatkraft zur pflichtgetreuen Tätigkeit wecken, soll sie spornen לעלות fortzuschreiten, hinanzustreben zu der als Ziel und Bestimmung winkenden Höhe. Während חטאת das durch Leichtsinn verscherzte Beharren auf der eingenommenen sittlichen Höhe lehrt, auf welche daher der Finger des Priesters das Blut בנתינה על קרנות המזבת an die Höhe des Altars hinweist, steht beim עולה der Priester mit dem Blute von ferne, wirft es aus der Ferne an die untere Hälfte des Altars, und sagt damit dem Opferbringenden, der aus Trägheit oder Dünkel durch Untätigkeit gesündigt: du stehst noch ferne, noch nicht einmal בתחתית ההר, geschweige denn auf der Höhe deiner Bestimmung, und hast daher alle deine Lebenskraft zusammen zu nehmen, um sie energievoll zu der Höhe deiner Bestimmung hinan- und hinauf zu richten. Alle diese Sätze bedürfen der näheren Begründung und weiteren Ausführung, die aber unseren Betrachtungen zu den פ׳ הקרבנות, s.G.w. vorbehalten bleiben müssen. Hier waren sie nur insofern heranzubringen, um einen Standpunkt zur richtigen Würdigung der Opfer Noachs zu gewinnen. Wenn Noach auf der wiedergeschenkten Erde Gott einen Altar baute und darauf עולות darbrachte: so weihte er damit die Erde zu einer Stätte eines zu Gott empor strebenden Menschenbaus, der Stein zu Stein fügen solle, bis die ganze Erde zu einem Gottesberge werde, auf welchem die Menschheit mit Dahingebung aller ihrer Kräfte zu der Höhe ihrer Gott dienenden Bestimmung in ewigem Fortschritt emporstrebe. Er nahm zu diesem Opfer von allen reinen Tieren und Vögeln. Wir haben schon oben bemerkt, wie auch den Noachiden nur reine Tiere zum Opfer dienten und glaubten das Motiv darin zu finden, daß diese vermöge ihres Naturells sich mehr zu Repräsentanten von Menschenpersönlichkeiten eignen. In der Tat sehen wir auch in den späteren Opfergesetzen die Opfertiere, je nach der zu repräsentirenden Persönlichkeit, verschieden bestimmt, sowohl nach Art, als Geschlecht; כה"ג und "שעיר נשיא זכר :סנהדרין שעירה :הדיוט oder כבש נקבה Wenn daher dieses Menschheitzukunftsopfer von allen reinen Tieren gebracht wurde, so dürfte damit der Gedanke noch die Nuance erhalten: auf dieser zum Gottesaltar sich erhebenden Erde sollen, so verschieden sich auch die Menschenpersönlichkeiten im Laufe der Entwicklung gestalten, alle עולות במזבח werden.
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