Die Torah - Die fünf Bücher Mose
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Hebräischer Text (nach der Masorah)
וַיֵּצֵ֥א יַעֲקֹ֖ב מִבְּאֵ֣ר שָׁ֑בַע וַיֵּ֖לֶךְ חָרָֽנָה׃
Deutsche Übersetzung (Samson Raphael Hirsch)
So ging Jaakob fort von Beer Scheba und ging gen Charan.
Onkelos
וּנְפַק יַעֲקֹב מִבְּאֵרָא דְשָׁבַע וַאֲזַל לְחָרָן
Raschi
ויצא יעקב. עַל יְדֵי שֶׁבִּשְׁבִיל שֶׁרָעוֹת בְּנוֹת כְּנַעַן בְּעֵינֵי יִצְחָק אָבִיו הָלַךְ עֵשָׂו אֶל יִשְׁמָעֵאל, הִפְסִיק הָעִנְיָן בְּפָרָשָׁתוֹ שֶׁל יַעֲקֹב, וּכְתִיב וַיַּרְא עֵשָׂו כִּי בֵרַךְ וְגוֹ', וּמִשֶּׁגָּמַר חָזַר לָעִנְיָן הָרִאשׁוֹן: ויצא. לֹא הָיָה צָרִיךְ לִכְתֹּב אֶלָּא וַיֵּלֶךְ יַעֲקֹב חָרָנָה, וְלָמָּה הִזְכִּיר יְצִיאָתוֹ? אֶלָּא מַגִּיד שֶׁיְּצִיאַת צַדִּיק מִן הַמָּקוֹם עוֹשָׂה רֹשֶׁם, שֶׁבִּזְמַן שֶׁהַצַּדִּיק בָּעִיר, הוּא הוֹדָהּ הוּא זִיוָהּ הוּא הֲדָרָהּ; יָצָא מִשָּׁם, פָּנָה הוֹדָהּ פָּנָה זִיוָהּ פָּנָה הֲדָרָהּ. וְכֵן וַתֵּצֵא מִן הַמָּקוֹם הָאָמוּר בְּנָעֳמִי וְרוּת (רות א'): וילך חרנה. יָצָא לָלֶכֶת לְחָרָן:
Raschi (Deutsche Übersetzung)
Jaakob zog aus, dadurch, dass Esaw zu Jischmael ging, weil die Töchter Kenaans in den Augen seines Vaters Jizchak böse waren, hat er den Zusammenhang in dem Abschnitt von Jaakob unterbrochen, wie es oben heißt, »Esaw sah, dass… gesegnet hatte«; nachdem er dies vollendet hat, kehrt er jetzt zum ersten Gegenstand zurück. Zog aus ויצא, er hätte nur nötig gehabt, zu schreiben, Jaakob ging nach Charan, und warum erwähnt er seinen Auszug? Nur, er berichtet damit, dass der Auszug eines Gerechten aus einem Ort eine Spur zurücklässt; denn, solange der Gerechte in der Stadt ist, ist er ihre Pracht, ihr Glanz und ihre Schönheit; wenn er aber von dort weggeht, so weicht ihre Pracht, ihr Glanz und ihre Schönheit (Bereschit Rabbah 68:6); ebenso, sie verließ den Ort, das bei Noemi und Rut steht (Rut 1, 7). Und ging nach Charan, er zog aus, um nach Charan zu gehen.
Kommentar von R. Samson Raphael Hirsch
Obgleich es schon oben V. 5 heißt: וילך פדנה ארם so wird doch hier mit diesem Ausgang aus väterlichem Hause wieder begonnen, weil eben damit die selbständige Geschichte Jakobs sich einleitet. Wenn Abraham die Wurzel des jüdischen Volkes ist, Jizchak die Fortsetzung zum Stamm, so ist Jakob der eigentliche Stamm selbst. Darum sprach auch Jizchak zu ihm: ויתן לך את ברכת אברהם וגו׳. Ist ja Jakob derjenige, der dem künftigen Volk Namen und Geschick vererben soll. Wir heißen nicht Abrahams Volk, sondern: Jisrael! Jakob sehen wir daher wie Abraham ein zweites לך לך erfüllen, sehen ihn, unsern nächsten Stammvater, auf den die ganze Geschichte von Abraham bis Jizchak hingearbeitet hätte, gleichfalls isoliert hinausziehen; jedoch ganz anders als Abraham. Abraham zog freilich in die Isolierung aus der Heimat; aber als Hausherr, mit Weib und Genossen, Verwandten und Vermögen. Jakob aber sehen wir durch Verhältnisse bewogen, freiwillig hinauszuziehen, ohne das mindeste mit sich zu nehmen. Er ließ vielmehr alles dem älteren Bruder zurück, damit dieser erkennen konnte, es habe sich bei der בכורה um keinen materiellen Vorteil gehandelt. Jakob zieht hinaus, um ein jüdisches Haus zu gründen, und nimmt dazu nichts als sich, als das mit hinaus, was in seiner eigenen Persönlichkeit liegt — das ist das Faktum, mit welchem hier eingeleitet wird; denn alles, was fortan folgt, bewegt sich nur um die Gründung des Hauses. War ja Jakob der erste, der es aussprach, wie Gott vor allem im Hause zu suchen sei, der erste, der den großen Gedanken dachte: בית אלקים ,בית א׳, Gottes Haus, der eben nichts anders sagt, als: daß der Kreis, wo die Menschenseelen keimen und blühen, wohin der Mensch das trägt, was er erwirbt und es in Menschenleben bauende Tätigkeit umsetzt, die größte und nächste Stätte der Gottesoffenbarung sei. Was schon Noach bei der neuen Grundlegung der Menschengeschichte prophetisch geschaut, daß, wenn es der japhetischen Kultur gegeben ist, die Menschen für das Schöne zu gewinnen, und dadurch veredelnd auf sie einzuwirken, es Sem vorbehalten sei, "Hütten zu bauen, in welchen Gott wohnt", das trat zuerst durch Jakob in die Verwirklichung ein. Wenn jüdische Weisen den großen, die ganze Weltanschauung umwandelnden Satz gesprochen: עיקר שכינה בתחתונים, die Haupt- und ursprüngliche Stätte der Schechina ist auf Erden; oder: wenn Menschen gottselig ihre Augen himmelwärts drehen und meinen, Gott oben suchen zu müssen, lachen die Engel sie aus und nennen sie Distelköpfe ( 18 ס"ח); oder: wer im Freien wandert und lernt, und sich von dem Lernen seiner Lehre unterbricht und spricht, wie schön ist dieser Baum, wie schön ist dieses Feld — wer also in der Anschauung der gotttreuen Entwicklung eines Menschenlebens nicht eine alles andere verdunkelnd überstrahlende Herrlichkeit findet, so daß ihm dabei noch ein Auge für die Herrlichkeit der Natur bleibt — der hat fast sein Leben verwirkt (Aboth 3, 9), solche und ähnliche Aussprüche verdanken wir dem Geiste Jakobs. Unter dem Einfluss der japhetischen Kultur flüchtet man sich aus dem "prosaischen", "gewöhnlichen" Leben in die "Poesie" der schönen Natur. Jakobs Erben finden Gott und alles Herrliche am ersten und nächsten im Hause. Das ist der Gegensatz jüdischen und nichtjüdischen Wesens. So ging also Jakob von Beer Scheba nach Charan. באר שבע, das für Jizchak so bedeutungsvoll war, wo er inne geworden, wie mit ihm, wenngleich nicht עבדות, so doch schon גרות begonnen, wo er aber, als er sich freiwillig isoliert hatte, nicht bloß Ruhe, sondern auch Anerkennung gefunden, dieses Beer Scheba der Ruhe und der Ehren gab Jakob freiwillig auf und wanderte nach Charan.
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