Die Torah - Die fünf Bücher Mose
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Hebräischer Text (nach der Masorah)
וַיַּ֤רְא אֱלֹהִים֙ אֶת־כׇּל־אֲשֶׁ֣ר עָשָׂ֔ה וְהִנֵּה־ט֖וֹב מְאֹ֑ד וַֽיְהִי־עֶ֥רֶב וַֽיְהִי־בֹ֖קֶר י֥וֹם הַשִּׁשִּֽׁי׃ {פ}
Deutsche Übersetzung (Samson Raphael Hirsch)
Gott sah was er geschaffen hatte insgesamt, und siehe da, es war sehr gut. Es ward Abend, es ward Morgen: der sechste Tag.
Onkelos
וַחֲזָא יְיָ יָת כָּל דִּי עֲבַד וְהָא תַקִּין לַחֲדָא וַהֲוָה רְמַשׁ וַהֲוָה צְפַר יוֹם שְׁתִיתָאִי
Raschi
יום הששי. הוֹסִיף ה' בַּשִּׁשִּׁי בִגְמַר מַעֲשֵׂה בְרֵאשִׁית, לוֹמַר שֶׁהִתְנָה עִמָּהֶם, עַל מְנָת שֶׁיְּקַבְּלוּ עֲלֵיהֶם יִשְׂרָאֵל חֲמִשָּׁה חֻמְּשֵׁי תוֹרָה. דָּבָר אַחֵר יוֹם הַשִּׁשִּׁי, כֻּלָּם תְּלוּיִם וְעוֹמְדִים עַד יוֹם הַשִּׁשִּׁי, הוּא ו' בְּסִיוָן הַמּוּכָן לְמַתַּן תּוֹרָה:
Raschi (Deutsche Übersetzung)
Der sechste Tag (Tanchuma), er hat zu dem Worte ששי bei der Vollendung des Schöpfungswerkes ein ה hinzugefügt, um zu sagen, dass Er für sie zur Bedingung machte, dass Israel die fünf Bücher der Torah auf sich nehme. Noch eine Erklärung (Schabbat 88a), der sechste Tag, alles blieb in der Schwebe bis zum sechsten Tag, das ist der sechste Siwan, der zur Gesetzgebung bestimmt war (eine andere Lesart: als am sechsten Siwan Israel die Torah annahm, wurde das ganze Schöpfungswerk befestigt und betrachtet, als ob jetzt die Welt erschaffen worden wäre; das bedeutet der sechste Tag, weil jener Tag der sechste Siwan war).
Kommentar von R. Samson Raphael Hirsch
׳וירא א. Wir kennen bereits diesen Ausspruch: וירא א׳ כי טוב , der uns bei allen Gliederungen der Schöpfung entgegengetreten; wir haben bereits erkannt, wie damit, daß dieser Ausspruch stets nach einer vollendeten Schöpfung auftritt, die Freiheit des Schöpfers über seinem geschaffenen Werk und die fortdauernde Abhängigkeit des Werkes auch nach seiner Vollendung vom Schöpfer wiederholt unserem Bewusstsein festgehalten werden. Wir würden auch hier es daher nicht auffallend finden, wenn auch hier beim letzten Gliede der Schöpfung nur stände: וירא א׳ כי טוב. Es steht aber: והנה וגוי, und הנה führt uns immer etwas Neues entgegen, etwas, was wir noch nicht gesehen haben: "siehe da!" und es muß uns also hier, außer dem bisher mit diesem Ausspruch Gesagten, noch ein neuer Gedanke zum Bewusstsein gebracht werden, den wir ja auch ohnehin schon auf den ersten Blick in dem beigefügten מאוד erkennen würden. Für diese Auffassung des הנה spricht die ganze Lautverwandtschaft dieser Wurzel. Vergleichen wir .ענה ,חנה ,הנה ,אנה אנה: einen Gegenstand einem bestimmten Ort oder einer bestimmten Person zuführen, א׳ אנה לידו, daher אניה: ein Werkzeug zum Transport von Gegenständen, das Schiff. Ist der Gegenstand angelangt, so sagt man: הנה! also ein Wort, mit welchem Jemand aufmerksam gemacht wird, daß ihm ein Gegenstand zugeführt sei. Bleibt der Gegenstand da, hat damit seine Bewegung das bleibende Ziel gefunden (vergl. נוע und נוח), so: חנה, bleibt er dort ruhen; מחנה ist nicht die zufällige, sondern die gesuchte Ruhestätte. Was אנה konkret ist, das ist ענה geistig, Jemandem das Wort, damit den geeigneten Gedanken zuführen: antworten, entgegnen. Daher sind auch von הנה Partikeln gebildet, die das Ziel einer räumlichen oder zeitlichen Bewegung bedeuten, עד הֵנָה ,הֵנָה: bis hier, oder bis jetzt. Führt somit הִנֵה unserer Gedankenreihe immer einen neuen, bis jetzt nicht aufgefassten Begriff zu, und ist dieser neue Begriff das zu טוב hinzugekommene מאור, daß das, was wir bis jetzt nur als gut zu betrachten gelehrt worden, wir nun als "sehr gut" denken lernen sollen, so muß aber auch andererseits unserer Betrachtung eine neue Seite geöffnet worden sein, die diese neue Nuance unseres Urteils motiviert, und dieses tatsächlich Neue ist offenbar: כל. Jedes einzelne Geschöpf ist gut; aber nun erst, wo die Reihen der Schöpfungen geschlossen und jedes Einzelne in seinem Zusammenhang mit dem Ganzen betrachtet werden kann, ja, jetzt erst in den Zusammenhang mit dem Ganzen gebracht worden ist, ist Alles nicht nur טוכ, sondern כל — .טוב מאוד ist nicht nur ein Vielheitsbegriff, "Alles", daß darin lediglich ohne Ausnahme ein Jedes mit einbegriffen und Keines ausgeschlossen wäre, sondern כל ist ein Einheitsbegriff der Vielheit, ist die Vielheit als eine Einheit begriffen, es ist nicht sowohl Alles, sondern das "Ganze". כל, rad. כליל .כלל ist in dem Munde der Weisen: Reif, Kranz, Krone, also: Begriff des Runden, des Kreises. (Vergl. גלל, etwas um seine Achse drehen.) Der Kreis ist aber nichts als die vollendetste Linie, derjenige Raum, der mit demselben Maß von Kräften von einem Punkte aus nach allen Seiten beherrscht wird. Kreis ist daher der sinnliche Ausdruck für das gesamte Gebiet, welches ein Wesen von seinem Standpunkte aus beherrschen kann. Daher sind alle hebräischen Ausdrücke für Begriffe der Vollkommenheit und Ganzheit mit Kreis verwandt. Darum ist auch כל nicht sowohl eine Summe von Vielen, als Bezeichnung der Totalität eines Begriffs. ׳כל לבבות דורש ד, nicht sowohl alle Herzen, sondern jedes Herz in seiner Ganzheit, in der ganzen Tiefe und dem Umfang seiner Regungen. הן ד׳ ידעת כלה, das Wort in seiner Ganzheit, seinen Motiven, seinem Zusammenhang, seinem Ursprung und seinem Ziele. So auch hier: Gott sah das Ganze dessen, was er geschaffen, sah die Totalität aller seiner Geschöpfe, sah das harmonische Zusammenklingen aller Wesen, wie sie alle sich um einen Mittelpunkt drehen, alle zusammenstimmen — es heißt nicht את הכל אשר עשה, er sah das Ganze, das er geschaffen, sondern כל אשר עשה, die Ganzheit, die Harmonie, die Einheit alles dessen, was er geschaffen hatte, er betrachtete jedes Einzelne in seinem Zusammenhang zum Ganzen: והנה טוב מאוד. War das Einzelne an sich טוב, ist es im Zusammenhang des Ganzen טוב מאוד, sehr gut, auch da gut, wo wir es nicht erwartet, wo, einzeln betrachtet, demjenigen, dem der Blick auf׳s Ganze entgeht, eine Mangelhaftigkeit erscheint. Nennen wir doch die Sache gut, die unseren Voraussetzungen entspricht; sehr gut aber, wenn sie über unsere Voraussetzungen hinaus gut ist, da noch Dienste leistet, wo wir es nicht mehr erwartet. So ist alles Geschaffene, alles Seiende in seinem Totalzusammenhang sehr gut. Alles relative רע scheint nur רע dem am Einzelnen, am Bruchteil in Zeit und Raum haftenden Blicke; es schwindet aber, ja es selbst, — sogar ,יסורים ,מות יצר הרע — selbst die Leidenschaft, die Leiden und der Tod, diese mächtigsten Potenzen unter den Erscheinungen — werden טוב, und dann, weil wir es nicht erwartet, selbst טוב מאוד — sobald sich der Blick zur Anschauung des Ganzen erhebt. Überschauten wir das Einzelne von dem Standpunkt des Ganzen, überschauten wir uns selbst in unserer Ganzheit, nicht bloß als תחתונים, sondern auch als עליונים, nicht blos in unseren irdisch sinnlichen, sondern auch in unseren geistig göttlichen Beziehungen, nicht bloß in Beziehung zu עולם הזה sondern auch zu עולם הבא, jeden inneren und äußeren Kampf in Beziehung zu der sittlichen Freiheit, die in dem Siege errungen, jede Gegenwart zu der ganzen Ewigkeit, die unser wartet: so würden wir auch mit ר׳ מאיר in unsere תורה die Glosse hineinschreiben: והנה טוב מאוד והנה טוב מות oder mit den anderen Weisen (והנה טוב זו מדת הטוב מאוד זו יסורין ,והנה טוב זה יצר טוב מאוד זה יצר הרע :(ב״ר טי. Eben in dem Heilbringenden dieser scheinbar störenden Welterscheinungen bewährt sich nicht nur die Güte, sondern die unübertreffliche Güte, das טוב מאוד alles Dessen, was Gott erschaffen. Ich darf in meiner Gegenwart leiden, wenn ich dadurch für meine Zukunft weiser und veredelter werde, darf auch für das mich mittragende Ganze leiden, ja, darf auch meine ganzen siebenzig Jahre in Prüfungen hinbringen, die ja nur einen Tropfen im Meere der Ewigkeit bilden, die meiner harret — würden wir so alle Zeiten und alle Kreise des ineinander und aufeinander zusammenwirkenden Ganzen des von Gott Erschaffenen in einem Blick überschauen können, wie Gott es schaut, wir würden mit Ihm urteilen: והנה טוב מאוד מאוד, rad. אגד .אוד speziell: eine Feuerkrücke, ein Stück Holz zum Anschüren des Feuers. שני זנבות האורים העשנים zwei dampfende Feuerkrückenreste, Werkzeuge in Gottes Händen, das Leid über Völker zu bringen (Die Aschur תער השכירה), Hölzer um Hölzer in Brand zu bringen, aber nicht besser als die andern, werden daher selbst mit dem Feuer ergriffen und gehen selbst mit auf. Dagege יהושה כ׳הג׳ auch ein das vom Feuer verschont ,מוצל מאש auch ein Werkzeug in Gottes Händen, aber ,אוד bleibt, nicht zu Grunde geht in seinem Dienst. Allgemeiner: Hebel, bewegende Kraft, alles, was etwas in Bewegung setzt, veranlaßt, daher על אודות: über die Veranlassungen, d.i. wegen. מאוד, Substantiv: das ganze Reich von Mitteln und Kräften, Ver- mögen. Adverbialiter bezeichnet es den Begriff, bei welchem es steht, in dem ganzen Ausmaß seiner möglichen Wirkungen, soweit er nur reicht, also im höchsten Grade. ויהי ערב ויהי בקר יום הששי so ward Abend, so ward Morgen, der sechste Tag. אמר ריש לקיש מאי דכתיב ויהי ערב ויהי בקר יום הששי ה׳ יתירה למה לי מלמד שהתנה הב״ה עם מעשה בראשית ואמר להם אם ישראל מקבלים התורה אתם מתקיימין ואם לאו אני מחזיר אתכם לתהו ובהו (שבת פ״ח א׳). ויהי ערב ויהי בקר יום הששי אמר ר׳ יודן זו שעה יתירה שמוסיפין מחול על הקדש (ב״ר ט׳). Diese Sätze dürften ihre Erläuterung finden, wenn wir uns die Bedeutung des ה vergegenwärtigen. Schon allgemein wird ein mit dem bestimmenden Artikel ה versehenes Substantiv, das absolut, ohne folgenden Relativsatz steht, als ein solcher Gegenstand bezeichnet, auf den wir schon in der bereits bei uns geweckten Gedankenreihe vorbereitet sind, der durch das Vorangehende erwartet wird. "Dies ist ein Mann" führt den Begriff Mann als einen ganz neuen, durch nichts vorbereiteten, in die Gedankenreihe ein. "Dies ist der Mann" oder auch: "dies ist der Mann", stellt den Begriff als einen solchen dar, den zu suchen und zu erwarten wir bereits durch vorangegangene Gedanken veranlaßt waren. Würde es hier heißen: יום ששי, es war dies ein sechster Tag, so wäre durchaus keine andere Beziehung dieses Tages zu den vorangehenden, als die der Reihenfolge bezeichnet gewesen; es wäre auf keine Weise dieser Tag etwa als ein solcher aufgeführt, auf den schon alle die vorhergehenden vorbereitet, der nach allem Vorhergehenden zu erwarten gewesen wäre. Indem uns aber gesagt wird: יום הששי, dies war der sechste Tag, so haben wir offenbar den Tag als einen solchen zu denken, auf welchen alle anderen vorbereitet, zu welchem sie geführt, in welchem die Schöpfungsreihe ein Ziel und einen Abschluss gefunden. Und dies ist um so prägnanter hervorzuheben, weil alle vorangehenden Tage ohne diesen Artikel aufgeführt waren. Es heißt von allen: יום אחר, יום שני וגו׳ es war ein Tag, es war ein zweiter, ein dritter, ein vierter, ein fünfter Tag; nun aber heißt es: es war der sechste Tag, also offenbar der Tag, zu welchem alle früheren als Weg und Vorbereitung führten, der ihnen den Abschluss, die Vollendung bringen sollte. War nun dieser sechste Tag eben derjenige, der der geschaffenen Erdenwelt ihren "Adam", ihren Gott vertretenden Herrn und Verwalter bringen sollte, so ist mit dem ה des יום הששי buchstäblich gesagt, daß תנאי התנה הב"ה עם מעשה בראשית, daß der Bestand und die Bestimmung aller vorangegangenen Schöpfungen durch das Geschöpf des sechsten Tages, somit dadurch bedingt ist, daß dieses Geschöpf, der Mensch, die ihm gewordene hohe Aufgabe rein übernehme und treu erfülle. Hat aber dieses Geschöpf im Laufe der Zeit diese seine Stellung verkannt und mißbraucht und seine Aufgabe ungelöst gelassen, und war erst der Eintritt Israels in die Menschengeschichte der erste Schritt wieder zur einstigen Zurückführung des Menschengeschlechts zur reinen Erkenntnis und Erfüllung seiner Stellung und Aufgabe, so spricht sich dieser תנאי in Wahrheit also aus: אם ישראל מקבלים התורה אתם מתקיימין ואם לאו אני מחזיר אתכם לתהו ובהו, und erst mit dem יום מתן תורה trat der יום הששי wieder in seine Rechte ein. Damit war aber zugleich ferner dem sechsten Tage selbst die hohe Bedeutung eines Abschlusses der Schöpfung gegeben und er in den Kreis des Schöpfungs-Schabbats gehoben. Ist ja der siebente Tag, der Schabbat der Schöpfung, — wie wir sehen werden — wesentlich bestimmt, dem mit dem sechsten Tage zum Stellvertreter Gottes in die Erdwelt gesetzten Menschen das Bewusstsein der Hoheit und Abhängigkeit seiner Stellung und die mit derselben gegebene Pflicht immer wiederholt gegenwärtig zu halten, ist ja der siebente Tag demnach die reine Konsequenz und Vollendung des sechsten, setzt denselben voraus und soll die endliche Verwirklichung des hohen Menschenberufs in der Schöpfung garantieren; darum greift auch schon die Schabbatweihe in den sechsten hinüber, und es ist eine tiefe Wahrheit, die ר׳ יודן ausspricht, יום הששי זו שעה יתירה שמוסיפין מחול על הקדש. — Der sechste Tag ist der bedingende Abschluss der sinnlichen Welt, der siebente bringt dem höchsten sinnlichen Geschöpfe des sechsten die bedingende Fortdauer des Bewusstseins des Übersinnlichen. Nicht ohne Grund beginnen wir unseren .יום הששי ויכלו וגו׳ :קידוש
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